Bürgerantrag: Einführung einer medizinischen Versorgung für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz

200645 – Bürgerantrag § 24 GO – Öffentlich

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Sridharan, Sehr geehrte Ausschuss-Mitglieder, im Namen des Vereins Anonymer Krankenschein (AKS) Bonn sowie der unterstützenden Organisationen bitten wir Sie, folgenden Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Ausschusssitzung zu setzen und zur Abstimmung zu bringen. 

Antrag: Wir beantragen die Einführung einer medizinischen Versorgung für alle Menschen ohne (ausreichenden) Krankenversicherungsschutz in Bonn in Form eines Anonymen Krankenscheins oder eines vergleichbaren Konzepts. Mit diesem anonymen Vergabesystem soll es allen in Bonn lebenden Menschen – unabhängig von Herkunft, Aufenthaltsstatus, Einkommen oder sozialer Lage – ermöglicht werden, gesundheitliche Betreuung und Behandlung mit einem Leistungsspektrum analog zur gesetzlichen Regelversorgung in Anspruch zu nehmen – ohne Angst vor Weitergabe der Daten an Behörden. Die Einführung des Anonymen Krankenscheins soll in Kooperation mit der Bonner Stadt verwaltung organisiert, durchgeführt und evaluiert werden.

Funktionsweise des AKS in Bonn

Begründung: In Bonn leben geschätzt 9.000-10.000 Menschen ohne ausreichende medizinische Versorgung, von denen aktuell nur ein kleiner Teil durch ehrenamtliche Strukturen wie MediNetzBonn e.V. Hilfe erhält. Dazu gehören Menschen ohne Papiere, sich legal in Deutschland aufhaltende EU Bürger*innen ohne Arbeit, wohnungslose Menschen, Nicht-Krankenversicherte sowie Privatversicherte im Notlagentarif, die die hohen Beitragszahlungen für ihre private Krankenversicherung nicht aufbringen können. 

Durch die aktuell noch vorherrschenden Zugangsbarrieren nehmen betroffene Menschen aus finanzieller Not und/oder Angst vor Abschiebung medizinische Versorgung erst im absoluten Notfall oder gar nicht in Anspruch. Gesundheitliche Probleme, die sich leicht behandeln ließen, können chronisch werden oder entwickeln sich zu einer lebensbedrohlichen Situation. So kann aus einer unbehandelten Bronchitis eine Lungenentzündung werden, die einen stationären 

Krankenhausaufenthalt nach sich zieht. Die Konsequenzen sind höhere Kosten, die durch eine frühzeitige Behandlung hätten vermieden werden können. Auch die aktuelle COVID19-Krise zeigt auf dramatische Weise, dass es zwingend notwendig ist, ALLEN Menschen einen ausreichenden Zugang zu medizinischer Diagnostik und Versorgung zu gewähren. Bei der geschützten Vermittlung von Krankenscheinen wird in der Vergabestelle des Krankenscheins im Auftrag des Sozial- oder Gesundheitsamtes von Ärzt*innen eine Bedarfsprüfung durchgeführt. Mit dem nur im Bedarfsfall ausgestellten Schein können die Patient*innen anschließend Heilberufler*innen und Krankenhäuser ihrer Wahl aufsuchen. Gleichzeitig wird in einer angeschlossenen Beratungsstelle durch Sozialarbeiter*innen und Jurist*innen geprüft, ob in der oft unüberschaubaren rechtlichen Situation zwischen Aufenthalts und Asylbewerberleistungsgesetz, Europa-, Sozial- und Arbeitsrecht Möglichkeiten zur Aufnahme in die Regelversorgung bestehen, beispielsweise durch das Beantragen einer Duldung aufgrund einer Krankheit. Die anfallenden Personal- und Materialkosten werden dabei durch den öffentlichen Haushalt finanziert. Das Konzept eines AKS stellt somit sicher, dass Personen, die keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu notwendiger Gesundheitsversorgung haben, mit akuten medizinischen Beschwerden bzw. in Notfällen Zugang zum Gesundheitssystem erhalten, um damit dem Menschenrecht auf Gesundheit zu entsprechen. Die Ausgabe eines AKS durch eine neutrale Stelle nimmt den Menschen dabei die Angst vor einer möglichen Weitergabe der Daten an Behörden. Dabei stützt sich der Verein auf bereits erfolgreiche Erfahrungen in anderen Bundesländern und Kommunen, u.a. in Thüringen, Niedersachsen, Berlin, Leipzig und Düsseldorf (STAY!). 

Verein erarbeitetes Konzeptpapier mit Details zur konkreten Umsetzung des Anonymen Krankenscheins in Bonn inklusive einer Kostenabschätzung liegt vor. 

Über AKS Bonn e.V.: Der Verein Anonymer Krankenschein Bonn strebt die Förderung des Zugangs zu gesundheitlicher Versorgung für Menschen an, die von der regulären Gesundheitsversorgung ganz oder teilweise ausgeschlossen sind. Der Verein wurde im Dezember 2019 als eine Initiative von Mitgliedern des Vereins MediNetzBonn e.V. gegründet. Anlass für die Vereinsgründung waren die langjährigen Erfahrungen mit der Vermittlung medizinischer Versorgung für Menschen ohne Papiere durch MediNetzBonn e.V.. Zahlreiche Menschen, die in Bonn leben, suchen die wöchentliche Sprechstunde auf, um Zugang zu medizinischer Hilfe zu erhalten. Derzeit wird den bestehenden Versorgungsengpässen für Menschen ohne Papiere spendenbasiert und mit Einsatz ehrenamtlicher Unterstützer*innen begegnet. Zu den Hilfesuchenden zählen neben Menschen ohne Papiere jedoch zunehmend auch weitere vulnerable Bevölkerungsgruppen mit eingeschränktem bzw. ohne Krankenversicherungsschutz, deren medizinischer Versorgungsbedarf auf dieser Basis nicht gewährleistet werden kann. 

Kontakt: aks-bonn@mailbox.org, www.aks-bonn.de/ Die Initiative zur Einführung eines Anonymen Krankenscheins in Bonn wird von folgenden Organisationen ausdrücklich unterstützt: 

Evangelischer Kirchenkreis Bonn
Evangelischer Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel Katholisches Stadtdekanat Bonn
AIDS-Initiative Bonn e.V.
Ausbildung statt Abschiebung e.V.
Arbeiterwohlfahrt Bonn-Stadt e.V.
Caritasverband für die Stadt Bonn e.V.
Der Paritätische Bonn
Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Bonn e.V.
Diakonisches Werk Bonn und Region
Evangelische Migrations- und Flüchtlingsarbeit Bonn (EMFA) Flüchtlingshilfe Bonn e.V.
Jusos Bonn
MedinetzBonn e.V.
pro familia Bonn e.V.
Seebrücke Bonn
Verein für Gefährdetenhilfe e.V.

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